Der kritisch respektvolle Blick
Die beteiligten Menschen vor Ort, deren in Sprache formulierte und in Worten bildhaft sichtbar gemachte Gedanken, sind meist die Hauptakteure der künstlerischen Konzepte von Sigrid Sandmann.
Ihre Kunst ist besonders geprägt durch die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Dennoch ist sie eine Künstlerin, die stets das gegenwärtige Geschehen in den Focus stellt. Ihr Werk ist nur denkbar mit dem ihr eigenen, kritisch respektvollen Rückblick auf die individuelle Geschichte der Personen, mit denen sie sich auseinandersetzt und die Historie der Orte, die sie erforscht. An jeder Stelle und zu jeder Zeit sich auch öffentlich äußern zu können, ist ein unschätzbares Privileg von Selbstbestimmung und Freiheit. Dieses Recht ist allerdings verbunden mit einer immensen Verantwortung für die Gemeinschaft. Der Erfolg der Künstlerin liegt deshalb nicht zuletzt in der hohen Sensibilität gegenüber den Menschen, denen sie offen und mit großer Wertschätzung bei ihrer Arbeit begegnet.
Zumeist ist der öffentliche Raum das Forum, auf dem Sigrid Sandmann ihre künstlerischen Positionen im Kontext zu Mitwirkenden und Betrachtern auslotet und definiert. Interviews, Bildbefragungen und Ortserkundungen vernetzt sie mit Typographie, digitalen Medien und Licht zu ihrem ganz persönlichen und unverwechselbaren Handwerkszeug, das ihr ermöglicht, aktuelle Inhalte im wirklichen Sinn des Wortes zu beschreiben und zu beleuchten.
Kommunikation, sich äußern, Verständigung mit Wörtern in Schrift und Sprache erzeugen – Inhalte, Informationen verstehen und durch Texte weitergeben – Wissen vermitteln, Beteiligung, Unabhängigkeit und Gleichberechtigung initiieren – all diese Aspekte finden sich in unterschiedlicher Gewichtung in den Projekten von Sigrid Sandmann und ziehen sich wie eine imaginäre Linie durch viele ihrer Arbeiten im In- und Ausland.
Text: Ulla Lohmann, Hamburg, November 2020